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198724

(1994) Jahrbuch für Soziologiegeschichte 1992, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Konstellation und Synthese Kracauer, Lazarsfeld und die Konstruktion soziologischer Wirklichkeit um 1930

Michael Makropoulos

pp. 147-159

Nicht nur die soziale Wirklichkeit hatte in den 20er Jahren vollends ihre Evidenz verloren und war höchst problematisch geworden, sondern Wirklichkeit überhaupt. Was "einer Epoche als das Selbstverständlichste und Trivialste von der Welt erscheint und was auszusprechen ihr nicht der Mühe wert wird", wie Hans Blumenberg den Begriff von Wirklichkeit umschreibt, wurde jetzt zum Objekt der Reflexion und entpuppte sich gerade darin als "Europas dämonischer Begriff", wie Gottfried Benn es 1933 dramatisch formuliert hat.1 "Wirklichkeit" gab es jetzt nicht mehr, "höchstens noch ihre Fratzen", diagnostizierte er, stellvertretend für viele. Und es waren "glücklich nur jene Zeitalter und Generationen, in denen es eine unbezweifelbare gab", sei es eine religiöse, sei es eine wissenschaftliche. Jetzt aber "lösten sich ihre ältesten Restbestände auf, und was übrigblieb waren Beziehungen und Funktionen; irre, wurzellose Utopien; humanitäre, soziale oder pazifistische Makulaturen, durch die lief ein Prozeß an sich, eine Wirtschaft als solche, Sinn und Ziel waren imaginär, gestaltlos, ideologisch, doch im Vordergrund saß überall eine Flora und Fauna von Betriebsmonaden und alle verkrochen hinter Funktionen und Begriff. Auflösung der Natur, Auflösung der Geschichte. Die alten Realitäten Raum und Zeit: Funktionen von Formeln; Gesundheit und Krankheit: Funktionen von Bewußtsein; selbst die konkretesten Mächte wie Staat und Gesellschaft substantiell gar nicht mehr zu fassen".2

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-322-96047-4_4

Full citation:

Makropoulos, M. (1994)., Konstellation und Synthese Kracauer, Lazarsfeld und die Konstruktion soziologischer Wirklichkeit um 1930, in C. Klingemann, M. Neumann, K. Rehberg & I. Srubar (Hrsg.), Jahrbuch für Soziologiegeschichte 1992, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 147-159.

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