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204264

(1978) Materialien zur Soziologie des Alltags, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Zeitbewusstsein und Kontrolle der Zeit

Klaus Heinemann, Peter Ludes

pp. 220-243

Zeit ist ein Aspekt der sozialen Konstruktion der Wirklichkeit; Zeitverständnis, das Bewußtsein des Tempos und der Knappheit der Zeit, die Weite des entscheidungs-relevanten Zeithorizonts in die Vergangenheit und in die Zukunft, die verschiedenen Formen der Datierung der Zeit und der Gliederung des kontinuierlichen Zeitflusses durch Ereignisketten oder Zeitpunktreihen und damit die zeitliche Ordnung von Beständen und Verhaltensplänen, des Rhythmus und Ablaufs von Ereignissen und Erwartungen, all dies ist in einzelnen Gesellschaften unterschiedlich und abhängig von den jeweiligen sozialen Strukturen. Sprache ist ein besonders "verräterisches' Indiz für die soziale Konstitution von Zeit; verschiedene Sprachen kennen den Begriff Zeit, andere den Begriff Geschichte überhaupt nicht; die Möglichkeit, Ereignisse zu datieren, ist in verschiedenen Sprachen unterschiedlich gegeben; einige Sprachen ermöglichen, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu unterscheiden; andere Sprachen differieren lediglich "vorher" — "nachher", andere nur nach "jetzt" — "nicht jetzt"; Ereignisse werden zum Teil in Ordinalskalen geordnet ("lange zurück", "in weiter Zukunft"); zum Teil existieren lediglich Nominalskalen (dies, das und andere Ereignisse); es gibt sehr verschiedenartige kalendarische Systeme, die die Zeit kardinal bestimmens. Einstellungen zur Zeit und damit auch der Lebensstil in einer Gesellschaft drücken sich in der Sprache aus, etwa darin, ob die Zeit "geht" ("el reloj anda" wie im Spanischen) oder die Zeit "rennt" ("runs' wie im Englischen) oder die Zeit "vergeht" (wie im Deutschen)2.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-322-83603-8_9

Full citation:

Heinemann, K. , Ludes, P. (1978)., Zeitbewusstsein und Kontrolle der Zeit, in K. Hammerich & M. Klein (Hrsg.), Materialien zur Soziologie des Alltags, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 220-243.

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