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Es gäbe »Friedrich Schlegel — und Ansätze« — so ein bekanntes Bonmot von Ernst Robert Curtius über die deutsche Literaturkritik¹, das weithin Zustimmung gefunden hat. Der Abfall des um 1800 erreichten literaturkritischen Niveaus im Laufe des 19. Jahrhunderts, der auch im zwanzigsten nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte, ist offenkundig. Ja, Friedrich Schlegel selber schon hat an ihm teil. Die großen Rezensionen und Essays, die ihm den Rang des bedeutendsten deutschen Literaturkritikers gesichert haben — über Jacobis Woldemar, über Forster, über Lessing, über die Lehrjahre, über die Goethesche Werkausgabe von 1806 —, stammen aus der »Athenäums«-Zeit bzw. aus dem ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. Schlegels Interesse verlagerte sich allmählich von der Einzelcharakteristik in Richtung literatur- bzw. kulturhistorischer Synthesen auf der Grundlage einer katholisch bestimmten Geschichtsphilosophie. Deren Höhepunkt, ein Gründungsdokument deutscher Germanistik und Komparatistik zugleich, sind die Wiener Vorlesungen zur Geschichte der alten und neuen Literatur aus dem Jahr 1812. Die im engeren Sinn literaturkritischen Beiträge hingegen, die Schlegel 1810/11 im »Österreichischen Beobachter«, 1812/13 in seinem »Deutschen Museum« und 1820 bis 1823 in der »Concordia«, der letzten von ihm herausgegebenen Zeitschrift, veröffentlichte, sind enttäuschend. Kurzkritiken wie die »Über Liebe und Ehe in Beziehung auf Goethes Wahlverwandtschaften«² und Theaterkritiken wie die Besprechung einer Tell-Aufführung³, beide 1810, liest man, weil sie von Schlegel stammen, nicht um ihrer selbst willen.

DOI: 10.1007/978-3-476-05561-3_15

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