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219585

(2005) Soziologische Aufklärung 5, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Gleichzeitigkeit und Synchronisation

Niklas Luhmann

pp. 92-125

Grundbegriffe der philosophischen Tradition hängen vermutlich eng mit Vorgaben zusammen, die letztlich auf die Probleme zurückgehen, die die Gesellschaftsstruktur zu stellen erlaubt. Aber auch wenn man von einem so weitgespannten Erklärungsanspruch absieht, lassen sich Zusammenhänge erkennen zwischen den Semantiken, mit denen in der Vergangenheit und der Gegenwart unserer Gesellschaft die Weltdimensionen von Sinn besetzt und für Kommunikation verfügbar gehalten werden.* (1) Die Art, wie über Zeit kommuniziert wird, ist nicht unabhängig davon, wie über Sachen (res) kommuniziert wird, und umgekehrt können in der Sachdimension des Sinnes Limitationen gesetzt sein, die die Möglichkeiten der Zeiterfahrung beschränken. So steht in manchen älteren Kulturen die Zeit in engem Zusammenhang mit der Divinationspraxis; sie wird begriffen als Dimension des Verbergens (sowohl des Zukünftigen, als auch der Bedeutung von Vergangenem, als auch von Gegenwärtigem, zum Beispiel des Aufenthaltsortes von Dingen oder Menschen) und sie wird daher mit Hilfe der Unterscheidung verborgen/offenkundig "lesbar" gemacht (2). Sie ist so von der Sachdimension des Sinnes zwar unterscheidbar, fließt aber auf der Seite des Verborgenen mit ihr zusammen. Sie tritt aus dem Dunklen hervor, wie Augustinus sagt, und tritt ins Dunkel zurück. (3) Man bedarf göttlichen Beistands, um irgendetwas gegen die Macht der Zeit zu erkennen und festzuhalten.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-663-11449-9_5

Full citation:

Luhmann, N. (2005). Gleichzeitigkeit und Synchronisation, in Soziologische Aufklärung 5, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 92-125.

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