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(1970) Marx und die Verwirklichung der Philosophie, Dordrecht, Springer.

Kritik der Religion

Armin Wildermuth

pp. 138-186

Die ganze kritische Philosophie ist getragen von der Kritik der Religion. Das zeigt einerseits die ausserordentliche Stellung an, die Marx und seine philosophischen Zeitgenossen der Religion zuerkannten, andererseits kommt darin der allgemeine Charakter des Religiösen zum Ausdruck. Durch seine Schulung in Gedankengängen Feuerbachs bekennt er in der Einleitung zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie: "… die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik… Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt"1. In Bezug auf die Grundabsicht der kritischen Philosophie bedeutet diese These, dass die Kritik der Religion gerade kein spezifisches Daseinsgebiet ins Visier fasst. Zwar könnte Marx die Kritik der Weltreligionen oder der ihm zugänglichen reichen theologischen Literatur durchführen. Aber gerade die Allgemein-Begrifflichkeit, mit der er die Religion analysiert, verhindert eine solche Spezialanalyse. Vielmehr zielt die Kritik der Religion auf jenes Fundament, das alle die verschiedenen Daseinsgebiete trägt, also auf den Menschen in seiner allgemeinsten Grundverfassung. Im ersten Stadium seines Denkatis ist dieses Fundament das "Selbstbewusstsein". Dieser Ansatz prägt auch die erste Religionskritik, ist sie doch eine allgemeine Theorie der Autonomie des Selbstbewusstseins. Da aber nun Marx den "Menschen" in konkreter Weise an die Stelle dieses Fundamentes setzt, auf das er unverändert die Denkstrukturen des bisherigen Stadiums anwendet, verwandelt er die allgemeine Theorie des Selbstbewusstseins in eine Selbstwerdens-Theorie des leiblichen Menschen und seines Selbstverständnisses.

Publication details

DOI: 10.1007/978-94-017-4847-6_8

Full citation:

Wildermuth, A. (1970). Kritik der Religion, in Marx und die Verwirklichung der Philosophie, Dordrecht, Springer, pp. 138-186.

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