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221549

(1973) Soziologie, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Innovationsprobleme in der Medizin

Klaus Wieken, Heidrun Kaupen-Haas

pp. 613-631

Die Kritik an einer Medizin ohne Menschlichkeit trifft nicht nur die Medizin, die sich in den Dienst nationalsozialistischer Verbrechen stellen ließ, sondern ebenso jene, in der nicht die Heilung des Kranken, sondern andere Interessen, wie z. B. die der Ärzteschaft und der Industrie - insbesondere der Arzneimittelindustrie — im Vordergrund stehen1 Eine (Medizin-)Soziologie, die nicht der gleichen Kritik anheimfallen will, muß ebenfalls - wie die Medizin selbst - von dem Nutzen für die Kranken ausgehen und alle »Leistungen« des sozialkulturellen Systems der medizinischen Versorgung kritisch auf diesen Bezug prüfen. Dabei wird sehr bald deutlich, daß eine konsequente Orientierung am Nutzen des Patienten sich nicht zwangsläufig mit den Interessen anderer gesellschaftlicher Bereiche, z. B. der Wirtschaft, und auch der Instanzen, die mittelbar oder unmittelbar in den Heilungsprozeß eingeschaltet sind, deckt. Aus Gesichtspunkten der Effizienz und Planbarkeit ergibt sich zum Beispiel in der Wirtschaft die Erwartung, daß die Arbeitskraft des Patienten möglichst schnell wiederhergestellt oder zumindest die Dauer der Krankheit zuverlässig prognostiziert wird. Die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie zu einem bedeutenden und außerordentlich gewinnbringenden Industriezweig ist Ausdruck dieser Interessen. Der Absatz der Arzneimittel bei den Kranken wird durch die Einbindung des größten Teils der Bevölkerung in die obligatorische Krankenversicherung garantiert. Die schwierige Mittelrolle zwischen den verschiedenen Interessen wurde auf den Arzt übertragen.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-322-83511-6_39

Full citation:

Wieken, K. , Kaupen-Haas, H. (1973)., Innovationsprobleme in der Medizin, in G. Albrecht, H. Daheim & F. Sack (Hrsg.), Soziologie, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 613-631.

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