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220269

(1998) Bild — Bildwahrnehmung — Bildverarbeitung, Wiesbaden, Deutscher Universitätsverlag.

Zeichen einer Bildkultur als Gedächtnis

Andreas Schelske

pp. 59-68

Wie und woran erinnern sich Gesellschaften, die ihre Kultur der Bilder und der Bildnerei als Gedächtnisse bewahren? Ohne diese Frage hinreichend beantwortet zu haben, erwarten der Kunsthistoriker Abi Warburg (Gombrich 1970 1986, 239ff., 283ff.; Rappl 1993) und der Computer-Multiunternehmer Bill Gates, daß aufbewahrte Zusammenstellungen von Bildern sich als lohnend erweisen werden. Allerdings verfolgen die beiden Bildersammler ungleiche Absichten. Denn während Warburg zuversichtlich ist, sein Mnemosyne-Atlas von ca. 1140 Bildern könne die besondere Rolle der Bilder für ein Kollektivgedächtnis verdeutlichen, geht die Spekulation von Gates auf, sobald digitalisierte Kopien aus seinem Archiv von bisher zwanzig Millionen Bildern gewinnbringend zu verkaufen sein werden. Ob und an was sich jemand erinnert, der diese Bildkopien visuell wahrnimmt, mindert nicht den Erfolg, den Gates mit seiner marktstrategischen Archivierung von Bildern zu erzielen sucht. Warburg wäre indessen enttäuscht, wenn Betrachter seines Mnemosyne-Atlasses vergessen würden, wie sie dessen Leistung für das Gedächtnis eines Kollektivs erinnern könnten. Sein Atlas soll nämlich nicht dazu verwendet werden, Bilder archivarisch zu erhalten, um in Zukunft eventuell eine Vergangenheit als Historie zu dokumentieren, sondern er soll als ein Gedächtnis wirken, das zur Erinnerung, Nach- und Vorahmung kultureller Formungen befähigt.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-322-92417-9_5

Full citation:

Schelske, A. (1998)., Zeichen einer Bildkultur als Gedächtnis, in K. Sachs-Hombach & K. Rehkämper (Hrsg.), Bild — Bildwahrnehmung — Bildverarbeitung, Wiesbaden, Deutscher Universitätsverlag, pp. 59-68.

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