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201265

(2007) Phänomenologie und soziologische Theorie, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Zur Formierung des soziologischen Blickes durch die Großstadtwahrnehmung

Ilja Srubar

pp. 561-578

Die Soziologie ist ein Großstadtkind. Die Großstädte haben ihr als Anschauungsobjekt der Moderne gedient, und dementsprechend schieden sich die soziologischen Geister bei der Wertung des Großstadtphänomens. Dem Bild der Großstadt als Schmelztiegel, in dem starre, überlieferte soziale Strukturen zu modernen, dynamischen und funktionalen umgeschmolzen werden, standen Warnungen vor den entmenschlichenden, entfremdenden und dysfunktionalen Auswirkungen der Großstadtentwicklung gegenüber. Eins hatten jedoch Kulturpessimisten und Fortschrittsgläubige gemeinsam: Anhand der Beobachtung der Entwicklung von sozialen Beziehungen und Formen in Großstädten, die sich deutlich gegen die traditionellen sozialen Strukturen abhoben, haben sie gelernt, die soziale Realität in einer Weise wahrzunehmen und zu beschreiben, die den Zugang der Soziologie zu ihrem Gegenstand bis heute nachhaltig bestimmt. Denn — wie (1977) schon für Saint Simon und Comte hervorhob — die Großstadt war quasi ein Laboratorium, in dem in vivo die Konstitutionsprozesse beobachtbar waren, durch welche aus heterogenen Elementen eine neue soziale Gestalt entstand. Selbst dann, wenn sich die junge Soziologie primitiven Gesellschaften zuwandte, suchte sie dort Antworten auf Fragen, die erst durch ihren großstädtisch geübten Blick aktuell geworden waren.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-531-90734-5_24

Full citation:

Srubar, I. (2007). Zur Formierung des soziologischen Blickes durch die Großstadtwahrnehmung, in Phänomenologie und soziologische Theorie, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 561-578.

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