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204811

(2013) Heimatschichten, Dordrecht, Springer.

Aufgehoben in der Arche des Textes. Tradition als Heimat

Eveline Goodman-Thau

pp. 407-425

Der VorabendAls die Feinde mein Haus zerstört hatten, nahm ich meine kleine Tochter auf die Arme und floh mit ihr in die Stadt. Bestürzt, gejagt lief ich Tag und Nacht in Eile und Hast; kurz vor Einbruch der Dunkelheit am Vorabend des Versöhnungstages erreichte ich den Hof des großen Bethauses. Berge und Hügel, die uns Geleit gegeben hatten, waren hinter und geblieben, und ich und das Kind, wir betraten den Vorhof. Aus den Tiefen schwebte das große Bethaus empor, zu seiner Linken das alte Lehrhaus, und Tor gegenüber Tor, das neue. Jenes war das Haus des Gebetes, diese Stätten der Lehre, nicht waren sie aus meinen Augen gewichen all die Tage, und hatte ich sie tagsüber vergessen, so kamen sie des Nachts, im Traum und im Wachen. Jetzt, da die Feinde mein Haus zerstört hatten, flüchtete ich mit meiner kleinen Tochter hierher, an diesen Ort. Mich dünkte, sie kannte ihn, so viel hatte sie von ihm gehört. Friedens Stille herrschte im Vorhof, schon hatte Israel das Nachmittagsgebet beendet, und alle saßen daheim beim Abendmahl, dem letzten vor dem Fasttag, um sich zu rüsten für die Qualen des kommenden Tages, um wohlauf und stark zu sein für Reue und Buße.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-658-04740-5_24

Full citation:

Goodman-Thau, E. (2013)., Aufgehoben in der Arche des Textes. Tradition als Heimat, in J. Klose (Hrsg.), Heimatschichten, Dordrecht, Springer, pp. 407-425.

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