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208818

(1995) Einführung in die Literaturwissenschaft, Stuttgart, Metzler.

Exkurs

Archäologie der literarischen Kommunikation

Aleida Assmann, Jan Assmann

pp. 200-206

Den Begriff ›Archäologie‹ im etwas umständlichen Titel dieses Projekts muß man als Antonym von ›Theorie‹ verstehen. Als wir Mitte der siebziger Jahre den Plan zu diesem Unternehmen faßten, hatte die Konjunktur der Theoriebildung in den Sprach- und Literaturwissenschaften ihren Höhepunkt erreicht. Die historische Dimension drohte darüber vollkommen aus dem Blick zu geraten. Gegenüber dieser Tendenz zu ahistorischer Systematisierung erschien uns ›Geschichte‹ als Gegenbegriff noch viel zu schwach. Archäologie: das bedeutete nicht nur die zeitliche Abfolge literarischer Diskurse, sondern die Frage nach Anfängen und Ursprüngen, Vorstufen und Vorschulen, also über die Literatur in einem wie immer zu fassenden engeren Sinne hinaus in das, was ihr voraus- und zugrundeliegt, sie hervorbringt und ermöglicht. So wie der Kunsthistoriker Hans Belting eine ›Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst‹ vorgelegt hat (Belting 1991), geht es einer Archäologie der literarischen Kommunikation um eine ›Geschichte des Textes vor dem Zeitalter der Literatur‹ oder doch zumindest darum, solche ›vorliterarischen‹ Zeitalter und Nebenlinien in ihre Betrachtung einzubeziehen. Der neuzeitliche Sonderstatus der Literatur ist eine Errungenschaft der jüngsten abendländischen Entwicklung und kann nicht unbesehen auf ältere und außereuropäische Literaturen übertragen geschweige denn universalisiert werden.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03544-8_17

Full citation:

Assmann, A. , Assmann, J. (1995)., Exkurs: Archäologie der literarischen Kommunikation, in M. Pechlivanos, S. Rieger, W. Struck & M. Weitz (Hrsg.), Einführung in die Literaturwissenschaft, Stuttgart, Metzler, pp. 200-206.

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