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222036

(2009) Die Sozialarbeitswissenschaft und ihre Theorie(n), Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Die Angst vor der Unverfügbarkeit und der Anspruch auf Autopoiesis

Markus Hundeck

pp. 279-289

"Ein Bewusstsein von dem, was fehlt", so betitelt Jürgen Habermas einen Artikel über Glauben und Wissen und über den Defaitismus der modernen Vernunft, in dem er der Tradition der Aufklärung und den modernen Naturwissenschaften ins Stammbuch schreibt, dass ein vermeintlich natürlicher Vernunftbegriff und eine technische Rationalität nicht in einer schwarzseherischen Skepsis gegenüber einem Anderen der Vernunft verbleiben dürfe, sondern die Rationalität der Religion ernst nehmen sollte. Nur so lasse sich eine Form des Miteinanders und voneinander Lernens erreichen. "Es geht nicht um einen schwiemeligen Kompromiss zwischen Unvereinbarem. Wir dürfen uns um die Alternative zwischen anthropozentrischer Blickrichtung und dem Blick aus der Ferne des theo- oder kosmozentrischen Denkens nicht herumdrücken. Aber es macht einen Unterschied, ob man miteinander spricht oder nur übereinander." So mag es einem gehen, der sich ebenso mit der Systemtheorie Niklas Luhmanns wie mit dem Wissenschaftsanspruch Sozialer Arbeit beschäftigt. Auch hier scheinen die Rahmenbedingungen für den Zugriff auf eine anthropzentrischszientistische Rationalität so festgelegt zu sein, dass sich jede andere Form der Rationalität schnell den Vorwurf der Vernunftlosigkeit einhandelt. Deshalb soll im Folgenden über das Diktum der Selbstreferentialität der Systemtheorie nachgedacht werden, die ob ihres universalen und vermeintlich tendenzfreien Programms einen bisweilen zu ungebremsten Zuspruch erfährt und damit einer Diskussion, die um ein Menschenbild und um Konzepte einer Handlungs- und Wertetheorie ringt, nicht nur zuwiderläuft, sondern auch eine Logik installiert, die eine Debatte und Argumente über Inhalte nur schwer möglich macht. Dass sich das Ringen der Sozialen Arbeit um einen Ort innerhalb der Wissenschaften diesem Impetus der Systemtheorie nach inhaltlicher Ungebundenheit im Stillen anzuschließen scheint, ist eine ernstzunehmende Tatsache, deren Gründe und Fragen im folgenden Beitrag umrissen und wahrgenommen werden sollen. Dass Jürgen Habermas als Philosoph von einem Bewusstsein spricht, dass die Lücke im Schirm der Rationalität bemerkt und sich deshalb dieses Fehlenden gewahr werden muss, ist nicht nur eine Frage nach dem rechten Gebrauch der Vernunft und dem Einhalten wissenschaftlicher Standards, sondern vielmehr auch getragen vom dem Terror unseres politischen Erlebens, das endgültig seit dem 11. September 2001 zu einem Kampf der Kulturengeworden ist.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-531-91699-6_23

Full citation:

Hundeck, M. (2009)., Die Angst vor der Unverfügbarkeit und der Anspruch auf Autopoiesis, in B. Birgmeier & E. Mührel (Hrsg.), Die Sozialarbeitswissenschaft und ihre Theorie(n), Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 279-289.

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