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227046

(2007) Moderne begreifen, Wiesbaden, Deutscher Universitätsverlag.

Trauma und Melancholie

Christiane Weller

pp. 157-168

Die Beobachtung der Vergangenheit erfolgte in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend durch die Linse des Traumas. "Trauma" scheint sich als Denkfigur in Bezug auf das Gedächtnis einer exzessiv gewalttätigen Geschichte anzubieten, wie sie das 20. und 21. Jahrhundert auszeichnet. Die Melancholie als Strategie des Erinnerns (und Vergessene) erscheint auf der Oberfläche anders gelagert als das Trauma, doch gibt es — und dies versucht der folgende Artikel nachzuzeichnen — Schnittpunkte und Überlagerungen, die es sinnvoll erscheinen lassen, beide Konzepte zusammenzulesen. Aufhänger für die folgende Diskussion ist eine simple Beobachtung: Das sowohl im deutschsprachigen als auch im englischsprachigen Raum rezipierte Werk W. G. Sebalds wird einerseits von der Traumaforschung zumeist angloamerikanischer Provenienz im Sinne einer trauma narrative verortet, andererseits, oftmals von einer eher deutschsprachig-orientierten Literaturwissenschaft, vor dem Hintergrund einer Melancholiediskussion gelesen, die sich von (Pseudo-) Aristoteles bis in die Gegenwart zieht.1 Der Holocaust, der Sebalds Texten als Fluchtpunkt dient, wird mal als moralisches Anliegen des Autors/Erzählers (Traumaforschung), mal im Sinne eines problematischen Objekt- und Ichbezugs der Protagonisten (Melancholiediskurs) verstanden. Der Traumabegriff, wie er sich vor allem aus der Erfahrung des 2. Weltkriegs entwickelt hat, denkt – und das macht ihn vielen so verdächtig — die moralische Positionsver(ur)teilung von Opfer, Täter und Zeuge immer schon mit.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-8350-9676-9_11

Full citation:

Weller, C. (2007)., Trauma und Melancholie, in C. Magerski, R. Savage & C. Weller (Hrsg.), Moderne begreifen, Wiesbaden, Deutscher Universitätsverlag, pp. 157-168.

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