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Über verstehende Anthropologie

Jürg Zutt

pp. 763-852

Die nachfolgende Darstellung einer verstehenden Anthropologie ist notwendig skizzenhaft. Das ist bescheiden und anspruchsvoll zugleich. Denn: In einer guten Skizze muß die Idee des Ganzen zwar nicht expliziert, aber doch sichtbar werden, sichtbar auch an einleuchtenden Beispielen. Die Idee einer solchen verstehenden Anthropologie ist nicht ursprünglich aus theoretischen Erwägungen oder Anregungen der zeitgenössischen geisteswissenschaftlichen Anthropologie entsprungen, sondern aus dem Versuch, die Menschen, die uns in einer psychiatrisch-neurologischen Klinik begegnen, zu verstehen. In mehr als 20 Semestern habe ich seit 1932 eine Einführung in die Psychiatrie, insbesondere die Psychopathologie gelesen. Dabei habe ich mich — auch aus didaktischen Gründen — bemüht, die Absonderlichkeiten des Verhaltens, die diese Menschen zeigen und die Absonderlichkeiten des Erlebens, über die sie berichten, nicht einfach beschreibend als diagnostisch-prognostische Hinweise, also als medizinische Symptome hinzunehmen und darzustellen, sondern sie zu verstehen. Ich habe mich bemüht, sie in dem Sinne zu verstehen, daß jede der Absonderlichkeiten als Störung verstanden und somit als eine Abwandlung auf das ursprünglich Ungestörte,Heile, auf das nicht Abgewandelte hin, auf das, dessen Abwandlung es eben ist, durchschaut wird (53, 54).

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-662-00726-6_16

Full citation:

Zutt, J. (1963)., Über verstehende Anthropologie, in J. C. Brengelmann, F. Cornu, H. Ey & H. J. Eysenck (Hrsg.), Grundlagen und Methoden der klinischen Psychiatrie, Dordrecht, Springer, pp. 763-852.

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