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215309

(2011) Die Eigenart der kultur- und sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Ethik und Kapitalismus

Zum Problem des "kapitalistischen Geistes"

Klaus Lichtblau

pp. 205-221

Max Webers erstmals 1904-1905 veröffentlichten und 1920 in seinen Gesammelten Aufsätzen zur Religionssoziologie in erweiterter Form aufgenommenen berühmten Studien über die ‚Protestantische Ethik" und den ‚Geist" des modernen Kapitalismus haben trotz zahlreicher Anfechtungen und Widerlegungsversuche, die ihre lange und selbst für den Fachmann kaum mehr überschaubare Wirkungsgeschichte begleitet haben, bis heute nichts von ihrer ursprünglichen Faszination eingebüßt. Obgleich Weber selbst wiederholt davor gewarnt hatte, daß es genauso einseitig und problematisch sei, die Beschränktheiten einer rein ‚ökonomischen Geschichtsbetrachtung" durch eine dezidiert ‚idealistische" beziehungsweise ‚spiritualistische" Geschichtskonstruktion zu ersetzen, sind seine Protestantismusstudien gleichwohl immer wieder als eine sowohl inhaltliche als auch methodologische Gegenposition zu den Grundannahmen der marxistischen Geschichtsphilosophie und Gesellschaftstheorie verstanden worden. Die Eigenart von Webers Fragestellung, die Art der Begriffsbildung und die methodische Vorgehensweise haben dabei zu zahlreichen Irritationen bezüglich seines eigentlichen Anliegens geführt. Dieses läßt sich nämlich keinesfalls darauf reduzieren, daß Weber in seinen Protestantismusstudien von einem ‚bürgerlichen" Standpunkt eine umfassende Antwort auf die Frage nach der historischen Herkunft, der epochalen Eigenart sowie dem mutmaßlichen Schicksal des modernen Kapitalismus zu geben versucht hatte. Denn es ging ihm um den viel bescheideneren Anspruch, auf einen ‚inneren", d.h. sinnhaften Zusammenhang beziehungsweise eine ‚Wahlverwandtschaft" zwischen einem konstitutiven Bestandteil des modernen kapitalistischen ‚Geistes' und den religiösen Wurzeln der modernen Berufsethik aufmerksam zu machen, wie sie seit der Reformation in den verschiedenen Strömungen des asketischen Protestantismus in jenen Gegenden Westeuropa und Nordamerika mehr oder minder stark ausgeprägt war, von denen die Industrialisierung ihren Ausgangspunkt genommen hatte.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-531-93235-4_12

Full citation:

Lichtblau, K. (2011). Ethik und Kapitalismus: Zum Problem des "kapitalistischen Geistes", in Die Eigenart der kultur- und sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 205-221.

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