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215309

(2011) Die Eigenart der kultur- und sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Die beiden Soziologien Max Webers

Klaus Lichtblau

pp. 389-395

Mit der neuen Edition von Wirtschaft und Gesellschaft im Rahmen der Max-Weber-Gesamtausgabe ist eine Reihe von sachlichen Problemen verbunden, die in der Vergangenheit zu heftigen Kontroversen geführt hatten. Diese bezogen sich unter anderem auf die Frage, ob ‚Wirtschaft und Gesellschaft" überhaupt der adäquate Titel für die unter diesem Namen überlieferten Texte Max Webers sei, ob es sich dabei um ein einheitliches Werk handele und wenn ja, ob dieses sein ‚soziologisches' Hauptwerk darstelle oder aber nicht. Die Herausgeber der Max-Weber-Gesamtausgabe haben viele Anstrengungen unternommen, das damit verbundene werkgeschichtliche Geheimnis zu lösen. Unstrittig war von Anfang an, daß Weber die von ihm in diesem Zusammenhang verfaßten Texte ursprünglich nicht als selbständige Publikation geplant hatte, sondern als Beitrag zu dem von ihm mit herausgegebenem Handbuch Grundriß der Sozialökonomik. Dieses Gemeinschaftswerk, an dem zahlreiche Autoren beteiligt waren und dessen Schriftleitung er in Absprache mit seinem Tübinger Verleger Paul Siebeck 1909 übernommen hatte, sollte einen umfassenden Überblick über den damaligen Forschungsstand innerhalb der Deutschen Historischen Schule der Nationalökonomie geben. Wie wir heute wissen, hat Max Weber zwei völlig verschiedene Fassungen seines Beitrages zu diesem ‚Grundriß" geschrieben: nämlich eine ältere, noch vor dem Ersten Weltkrieg entstandene Fassung, die sich in seinem Nachlaß befand, und eine jüngere Fassung, die er zwischen 1919-1920 geschrieben hat und deren Drucklegung er kurz vor seinem Tod noch selbst vorbereitete. Seine Frau Marianne hatte diese ersten vier Kapitel der letzten Fassung von Wirtschaft und Gesellschaft dann um jene Texte ergänzt, die sie im Nachlaß ihres Mannes fand und damit wesentlich zu dem Mythos beigetragen, daß es sich bei den unter diesem Titel bekannt gewordenen Texten um ein ‚einheitliches' Werk handele.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-531-93235-4_25

Full citation:

Lichtblau, K. (2011). Die beiden Soziologien Max Webers, in Die Eigenart der kultur- und sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 389-395.

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