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220112

(1999) Fernsehgewalt, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Präliminarien der Wirkungsanalyse

Gewaltfokussierende versus symbolische Rezeptionsweise

Jürgen Grimm

pp. 424-428

Den Rezeptionsexperimenten sollen einige theoretische Überlegungen vorausgehen, die Ausgangspunkte bei der Konstruktion der Untersuchungsdesigns markieren und auch hinsichtlich der Ergebnisinterpretation hilfreich sein können. Dabei werden frühere Ausführungen zur Wirkungsweise von Spielfilmgewalt systematisiert und erweitert. Grundlegend ist die Unterscheidung der drei Wirkungsdimensionen a) physiologische Reaktion (Hautleitfähigkeit, Herzfrequenz), b) Eindrucksurteil (Filmbewertung) und c) psychosozialer Effekt (Einstellungsänderung), denen je eigene Analyseebenen entsprechen.398 Die Daten der Analyseebenen a) und b) werden in ihrer Zurichtung in bezug auf Analyseebene c) betrachtet. Gefragt wird, inwieweit Arousal-Befunde und Filmbewertungen die ermittelten Prä-Post-Einstellungsänderungen im Wirkungsoutput der Spielfilmgewalt-Rezeption plausibilisieren. Psychosoziale Effekte im Einstellungsbereich stellen keine direkten Wirkungen auf Handlungen dar, sondern betreffen Verhaltensdispositionen, aus denen sich Werthaltungen, Zielrichtungen und schließlich auch Verhaltenstendenzen ableiten lassen. Wenn also von "Aggressionsvermittlung" oder "postrezeptiver Aggression" die Rede ist, dann im Sinne einer veränderten Aggressionsneigung und nicht im Sinne einer tatsächlich vollzogenen aggressiven Tat. Der Terminus "Violenz" bezeichnet die gewalterleichternden Tendenzen einer Person; er faßt aggressive Dispositionen, die sich in reaktive Aggressionen, Gewaltlegitimation und Gewaltbereitschaft gliedern, unter einem Oberbegriff zusammen. Der Ausdruck "Aggressivität" und Synonyme wie "Aggressionsbereitschaft" akzentuieren stärker den emotionalen Aspekt, der sich nicht unbedingt in Gewalt manifestiert. Aggressivität ist einerseits der Violenz subsumiert, insofern sie gewalttätige Anschlußhandlungen erleichtert; andererseits ist sie weiter gefaßt, weil sie auch nichtviolente Formen der Aggression einschließt. Die aggressive bzw. violente Tendenz der Zuschauer nach der Rezeption einer Gewaltdarstellung ist im Sprachgebrauch des kognitiv-physiologischen Ansatzes als Antwort des Rezipienten auf Fragen des Spielfilmszenarios zu werten, die Fiktion, Arousal und Lebenswelt bedeutungsschaffend verbindet und dabei einen Nachhall im informationsverarbeitenden System erzeugt.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-322-83252-8_11

Full citation:

Grimm, J. (1999). Präliminarien der Wirkungsanalyse: Gewaltfokussierende versus symbolische Rezeptionsweise, in Fernsehgewalt, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 424-428.

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