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216305

(1994) Ästhetik, Stuttgart, Metzler.

Die Welt als Kunstgebilde

Fichte, Schelling, Hegel

Terry Eagleton

pp. 125-158

Hegel beschreibt Kants proto-materialistischen Eifer, das Ding-an-sich zu bewahren, alle antinomischen Widersprüche nicht den Dingen anzulasten, sondern ins Selbstbewußtsein aufzunehmen, geringschätzig als eine Einstellung, die »zuviel Zärtlichkeit für die Dinge« an den Tag lege.1 Denn warum sollte ein Bereich geschützt und behütet werden, über den sich absolut nichts aussagen läßt? Da von Kants Ding-an-sich nichts prädiziert werden kann, erweist es sich als Chiffre ebenso resistent gegenüber einer Symbolisierung wie das Reale bei Lacan, noch rätselhafter also als Gott (dem wir bestimmte Qualitäten zuschreiben können), mithin als bloßes Zeichen einer Abwesenheit. Das Wesen der Wirklichkeit läßt sich nur bewahren, indem es aus dem Bereich des Erkennens entfernt und mithin durchgestrichen wird. In manchen todessüchtigen Phantasien erscheint die Welt nur sicher, wenn sie vernichtet und vor den Phantastereien des Subjektivismus in der Krypta ihres eigenen Nicht-Seins isoliert wird. Was nicht benannt werden kann, das kann auch nicht verletzt werden. Nur das Nichts ist, wie Hegel meint, reines Sein, so selig frei von jeder Bestimmung, daß es nicht einmal existiert. Unsere Welt wird an jedem Punkt von einem durch und durch unwirklichen Universum durchschnitten, als welches die Realität uns erscheinen könnte, wenn wir nicht die begrenzten Lebewesen wären, die wir sind. Wir können sagen, daß solche Erscheinungen eines anderen Universums anders wären, doch da wir nicht sagen können, wie anders sie wären, wird die Andersartigkeit, um die es dabei geht, zu einem reinen Unterschied, mit anderen Worten, zu ganz und gar nichts.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03510-3_6

Full citation:

Eagleton, T. (1994). Die Welt als Kunstgebilde: Fichte, Schelling, Hegel, in Ästhetik, Stuttgart, Metzler, pp. 125-158.

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