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(2016) Zu Gast in deiner Wirklichkeit, Dordrecht, Springer.
Lotte will Peter nicht alleine lassen, da sie selbst aus eigenem Erleben weiß, dass es viel schöner ist, wenn sich jemand bei Krankheit um einen kümmert. Lotte möchte, dass es Peter gut geht, und selbst kein schlechtes Gefühl haben. Und Peter will kein Hindernis für Lottes Abend sein. Er weiß doch selbst, wie schwierig es ist, einen Termin mit Freunden zu finden, an dem alle Zeit haben. Und Peter möchte, dass es Lotte gut geht. Beide haben also mit dem anderen Mitgefühl und wollen ihm etwas Gutes tun. Solches Mitgefühl ist eine wichtige und ganz wesentliche Voraussetzung für unser soziales Miteinander. Wir helfen oft, ganz spontan und ohne an uns selbst zu denken, anderen Menschen, wenn uns unser Mitgefühl signalisiert, dass es dem anderen nicht gut geht. Und umgekehrt, wenn andere uns mit Mitgefühl begegnen, schafft das Nähe und verleiht uns Sicherheit. Je mehr Menschen aufeinander angewiesen sind, umso wichtiger ist das durch diese wechselseitige Unterstützung aufgespannte soziale Netz. Das lässt sich gut beobachten, wenn man beispielsweise wirtschaftlich besser und schlechter gestellte Gesellschaften miteinander vergleicht. In Mitteleuropa geht es den Menschen beispielsweise ökonomisch sehr gut, beinahe alles lässt sich mit Geld regeln, vom Einkaufsdienst bis zur Altenbetreuung. Bereits in Südeuropa sind die Menschen dagegen aus ökonomischer Sicht ärmer. Es verwundert daher nicht, dass dort wesentlich mehr Wert auf gut funktionierende soziale Netze gelegt wird als in Mitteleuropa. Soziale Netze kompensieren hier die materiellen Defizite. Wenn kein Geld da ist, um Hilfe zu kaufen, dann muss die Hilfe durch gegenseitige Unterstützung gewährleistet werden. Interessanterweise scheint das der allgemeinen Lebenszufriedenheit nicht abträglich zu sein, im Gegenteil: Materieller Wohlstand ist nur in gewissem Maß ein Indikator für Zufriedenheit, weil er Zugang zu Bildung und einer besseren Gesundheitsvorsorge ermöglicht.
Publication details
DOI: 10.1007/978-3-662-48030-4_13
Full citation:
Bak, P. (2016). Empathie und die Grenzen des Handelns, in Zu Gast in deiner Wirklichkeit, Dordrecht, Springer, pp. 119-123.