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216305

(1994) Ästhetik, Stuttgart, Metzler.

Schiller und die Hegemonie

Terry Eagleton

pp. 107-124

Kants rigoroser Gegensatz von ästhetischem Urteil und Erkenntnis enthält, wie einige seiner Zeitgenossen rasch begriffen hatten, den Keim seiner eigenen De-konstruktion. Denn wenn das Ästhetische die Referenz eines Objekts auf ein Subjekt bezeichnet, dann muß es, wie Kant einräumt, als Moment in all unserer Erkenntnis gegenwärtig sein. Es ist eine notwendige Voraussetzung jeder Erforschung der Natur, daß die Natur unseren Erkenntnisvermögen entsprechend strukturiert ist und ihnen insofern entgegenkommt. Kants »kopernikanische Wende« zentriert die Welt auf das menschliche Subjekt. Damit überantwortet sie sich dem Ästhetischen, denn sie läßt dessen Art von Erfahrung jetzt weniger marginal, grundlos oder nachträglich erscheinen, als sie sonst erscheinen würde. Die Harmonie der Vermögen, die ästhetische Lust bereitet, ist in der Tat eine der Voraussetzungen jeder empirischen Erkenntnis. Wenn das Ästhetische in gewisser Hinsicht gegenüber den anderen Tätigkeiten unseres Geistes als »supplementär« erscheint, so ist es aber von einer Supplementarität, die sich nach Art der Logik Derridas eher als Grundlage oder Vorbedingung dieser anderen Tätigkeiten erweist. Gilles Deleuze schreibt: »Niemals übernähme ein Vermögen eine gesetzgebende oder bestimmende Rolle, wenn alle Vermögen zusammen nicht zunächst zu dieser freien, subjektiven Harmonie [des Ästhetischen] fähig wären.«1

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03510-3_5

Full citation:

Eagleton, T. (1994). Schiller und die Hegemonie, in Ästhetik, Stuttgart, Metzler, pp. 107-124.

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